Mutation, Tee und Gongfucha
Warum fühlen wir uns angezogen von alten Dingen? Zum Beispiel von Tee und Gongfucha? Ist die Schönheit der Grund oder die Vorstellung von Zeit?
Für mich liegt das Geheimnis dieser Anziehung in der Fähigkeit von Gongfucha zur Selbst-Erneuerung. Dinge, die die Veränderung des Bewusstseins überdauern, besitzen eine innere Kraft. Sie sprechen Menschen auf einer unbewussten Ebene an, es ist wie ein Ruf.
Und woher erhält die Menschheit den Impuls, sich weiterzuentwickeln? Immer wieder die alte Position zu verlassen und Neuland zu beschreiten? Kommt dieser Drang ebenfalls aus dem Unbewussten? Eine unfassbare Strömung, die uns vorwärts treibt, während das Bewusste unter den Druck des Aussen gerät?
Unsere Welt befindet sich in grosser Veränderung. Unsicherheit herrscht. Shui Tang, als ein Fenster zur Welt, unterliegt dem Einfluss der Bewegung der Zeit. Alle wissen, etwas Anderes muss kommen. Aber wie und was? Eine Rekombination? Oder etwas völlig Neues, wie eine Mutation? Wie können wir dazu beitragen, das Bewusstsein zu klären? Durch sofortiges Handeln? Durch Spenden? Oder indem wir Tee trinken und abwarten?
Wenn etwas im Aussen passiert, beobachtet ein Tee-Mensch das Geschehen und nimmt gleichzeitig die innere Veränderung wahr. Emotionen, Gefühle und Gedanken kommen und gehen. In der inneren/geistigen Aktivität offenbart sich eine Identifikation mit alten Bildern, zum Beispiel in Vorstellungen von Täter und Opfer, oder im Einnehmen von Wunschrollen wie der Figur der Maria, des Messias oder eines Märtyrers. Diese alten Bilder kommunizieren stets mit unserem Inneren und verlieren nie ihre Wirkungskraft. Sie treten dann ins Bewusstsein, wenn dieses sich weiterentwickelt und freier wird. Gleichzeitig wird einem die sich nach Veränderung sehnende, leise sprudelnde Strömung des Inneren bewusst. Dann entsteht etwas Neues im Leben. Eine Beziehung kann sich entwickeln, und Verhaltensmuster können sich ändern, damit so ein neues Gefäss entsteht, das in sich Transformation birgt.
Dies ist eine vereinfachte Beschreibung des Rosarium Philosophorum, des berühmten Texts der Alchemisten, der symbolisch den Weg der inneren Wandlung aufzeigt. Ich wage es, mir das Bild dieses Rosengartens zu leihen, um den Verwandlungsprozess auf dem Teetisch darzustellen: der Tee als Sinnbild des Merkurbrunnens, dessen Raum Gegensätze umfasst und ein Gefäss bildet für das Neue. Wenn das Bewusstsein anfängt zu mutieren, können Gegensätze geklärt, gereinigt und integriert werden. Durch jeden Aufguss auf dem Teetisch findet der Prozess immer wieder statt. Der Anfang ist gleichzeitig das Ende. In diesem Kreislauf mutiert erst unser Bewusstsein und dann unsere Haltung zur Welt.
Es ist vielleicht genau jene Eigenschaft des Gongfucha, die diese Form von Magie auf uns ausübt, weiter an ihn zu glauben und ihn zu praktizieren, egal in welchem Zeitalter und in welcher Kultur.
Der Teetisch gibt keine Antwort auf die Geschichte, sondern schafft einen grossen Rahmen, bevor wir uns eine Meinung bilden. Gongfucha hilft uns dabei, uns diesen grossen Rahmen stets vor Augen zu führen und den Prozess der Verwandlung in unserem Leben lebendig zu pflegen.
Shui Tang lädt Sie ein, diesen Rosengarten am 03.11.2024 bei einem Tee mit Teemusik zu betreten.